Mögen Sie es auch gerne so richtig schön scharf? Und während alle anderen am Tisch schon mit einem Kopfschütteln quittieren, dass Sie bereits das zweite Mal zur Tabascosauce greifen, überlegen Sie sich: Da geht noch was! Schärfe fasziniert — und verleiht Speise im wahrsten Sinne des Wortes ein gewisses Feuer. Doch warum nehmen wir Schärfe so unterschiedlich wahr? Und ab wann ist scharf zu scharf? Denn zweifelsohne hinterlässt Schärfe seine Spuren — bei der einen mehr, beim anderen weniger. Zeit, der Sache einmal auf den Grund zu gehen.
Capsaicin — der Stoff, der für die Schärfe sorgt!
Chili zum Beispiel enthält den Stoff Capsaicin, der für Schärfe sorgt. Dieser befindet sich nicht, wie oftmals vermutet wird, in den Kernen, sondern in den Scheidewänden der Chilifrüchte. Capsaicin ist zwar auch in Peperoni und Paprika enthalten, doch in Chili ist der Anteil deutlich höher. Im Gegensatz zu anderen Inhaltsstoffen löst Capsaicin keine typische Geschmacksempfindung, sondern einen Schmerzreiz aus. Folglich werden dem Gehirn Informationen über Schmerz und Hitze mitgeteilt. Dies löst eine Schweißproduktion zur Kühlung des Körpers aus. Weitere Wirkungen sind eine intensivere Durchblutung, eine Weitung der Gefäße, Speichelfluss, tränende Augen, eine laufende Nase oder auch Niesen und Husten. Gelangt die capsaicinreiche Speise in den Magen, werden dort weitere Schmerzrezeptoren gereizt. Dadurch kann es zu starken Krämpfen und Verdauungsbeschwerden kommen.

Über die Bekömmlichkeit entscheidet wie so oft die Menge: Während der Capsaicin-Anteil von Gemüsepaprika nur etwa 0,01 Prozent beträgt, liegt er bei sehr scharfen Chili-Sorten bei 3 Prozent. Chilis mit einem 10-prozentigen Capsaicin-Anteil sind kaum noch genießbar.
Die Scoville-Skala gibt den Grad der Schärfe an
Die Schärfe wird auf der Scoville-Skala in SHU-Einheiten von null bis 16.000.000 angegeben. SHU bedeutet Scoville Heat Units. Null Scoville bedeutet keine Schärfe.

- Milde Sorten bis 500 Scoville
Die üblichen im Handel erhältlichen Gemüsepaprikas haben einen Schärfegrad zwischen 0 und 10. Dies wird noch nicht als Schärfe wahrgenommen. Die untere Wahrnehmungsschwelle für eine leichte Schärfe liegt bei einem Scoville-Grad von 16.
Peperoni mit einem Scoville-Grad von 100 bis 500 wird als deutlich schärfer wahrgenommen.
- Angenehme Schärfe: 500 bis 5.000 Scoville
Hierzu gehört die Tabascosauce mit einem Scoville-Grad von 2.500 bis 5.000, zu deren Herstellung die Capsicum frutescens-Chili verwendet wird. Auch die Chili-Würzsauce Sambal, sofern sie aus Sambal Katjang und Sambal Taotja zubereitet wird, gehört in diese Kategorie.
Die milderen Arten der Paprikasorte Jalapeno haben einen Scoville-Grad von 2.500, die für Salsas gerne verwendet werden.
- Nicht jedermanns Geschmack: Scoville-Grade ab 5.000
Speisen mit einem Schärfegrad um 5.000 herum ist für erwachsene Europäer meist noch gerade so erträglich. Schärfere Jalapenosorten haben einen Scoville-Grad von 8.000, reiner Cayennepfeffer sogar 30.000. Ein Schärfegrad von über 100.000 löst bei einem an die europäische Küche gewöhnten Menschen ein heftiges Schwitzen, tränende Augen und ein brennendes Gefühl aus. Diese Symptome sind bei der Einnahme von Habaneros zu beobachten, da diese einen Scoville-Grad von 100.000 bis 350.000 Einheiten haben.
Macht scharf happy?
Die Schärfe, beispielsweise in Currys, übt einen Reiz auf unsere Schmerzrezeptoren aus, woraufhin einiges im Körper ausgelöst wird. So werden zum Beispiel im Körper Endorphine freigesetzt, die bei einer wirklichen Verletzung schmerzhemmend wirken. Umgangssprachlich nennt man Endorphine auch Glückshormone. Schärfe trägt indirekt also womöglich zu einer besseren Stimmung bei.
Das Capsaicin im scharfen Essen vereint zudem noch eine Reihe weiterer positiver Effekte. Es regt die Motorik des Magens an, dadurch wird mehr Magensaft produziert und die Verdauung angekurbelt. Auf diese Weise kann das Fett in der gewürzten Mahlzeit besser verdaut werden. Wer scharf isst, nimmt eine Mahlzeit zudem meistens langsamer zu sich und oft auch eine kleinere Menge, weil der Körper an den Effekt nicht gewöhnt ist. Capsaicin wirkt darüber hinaus antibakteriell. Die Speisen lassen sich daher in warmen Regionen besser aufbewahren, da Mikroorganismen nicht so schnell entstehen können. Ein weiterer Pluspunkt: Capsaicin fördert die Durchblutung, unter anderem in den Schleimhäuten, daher steigt auch das Geschmacksempfinden.

Und ab wann ist scharfes Essen ungesund?
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, scharf gewürzte Speisen nur in Maßen zu sich zu nehmen. Demnach verkraftet ein Erwachsener in der Regel maximal eine Dosis von fünf Milligramm Capsaicin je Kilogramm Körpergewicht. Bei einem Menschen, der 60 Kilogramm wiegt, entspricht dies 300 Milligramm Capsaicin pro Mahlzeit. Wer etwa bei einem sogenannten „Scharfesswettbewerb“ große Mengen an Chilis oder Chilizubereitungen verspeist, muss tatsächlich mit ernsthaften Gesundheitsgefahren, wie Bluthochdruckkrisen, rechnen – die sogar lebensbedrohlich sein können.
Babys und Kleinkinder sollten nach Möglichkeit kein scharfes Essen zu sich nehmen. Das Verdauungssystem kleiner Kinder muss sich erst mit der Zeit daran gewöhnen. Deshalb rät das BfR, Chili- und andere Würzsaucen, die mehr als 100 Milligramm Capsaicin enthalten, zu kennzeichnen. Die Verpackungen sollten außerdem kindersicher verschlossen sein und außer Reichweite von Kindern gelagert werden. Es spricht aber gesundheitlich nichts dagegen, wenn Kleinkinder winzige Mengen scharfen Essens probieren.